Also heute ist mein Geburstag. Zu diesem Anlass würde ich gerne eines meiner Lieblingsgemälde mit euch teilen - genau genommen habe ich mich, denke ich, genau wegen diesem Gemälde in die Kunstgeschichte verliebt. Es war das erste Gemälde, das mich wirklich "angesprochen" hat, obwohl ich es das erste Mal auf einer Folie im Kunstgeschichtsunterricht in meiner High School gesehen hatte. Es ist ein sehr mysteriöses Gewitter, geschaffen vom venezianischen Maler der Renaissance Giorgione. Es gibt keine zeitgemäße inhaltliche Erklärung für Das Gewitter, und letztlich keine definitive Auslegung oder Interpretation. Für manche repräsentiert es die Flucht nach Ägypten; für andere eine Szene aus der klassischen Mythologie (Paris und Oinone) oder aus einem altgriechischen ländlichen Roman. Laut dem italienischen Gelehrten Salvatore Settis soll die Wüstenstadt das Paradies repräsentieren, und die beiden Figuren Adam und Eva mit ihrem Sohn Kain: die Blitze sollen, wie in altgriechischen und hebräischen Zeiten, Gott repräsentieren, der sie soeben aus dem Garten Eden vertrieben hat. Andere brachten eine moralisch allegorische Auslegung vor, oder kamen einfach zum Schluss, dass Giorgione kein bestimmtes Subjekt im Sinn hatte.
Die Wahrweit wird vermutlich ungewiss bleiben. Zur rechten sitzt eine Frau, ein Baby stillend. Sie könnte eine Zigeunerin sein oder, in den Augen mancher, eine Prostituierte. Ihre Haltung ist ungewöhnlich- normalerweise würde das Baby im Schoß der Mutter gehalten werden; aber in diesem Fall ist das Baby zur Seite der Mutter positioniert, sodass ihr Schambereich freiliegt. Ein Mann, möglicherweise ein Soldat, mit einem langen Stab oder Spieß in der Hand, steht Kontrapost auf der linken Seite. Er lächelt und blickt nach links, aber scheint nicht die Frau anzusehen.
Kunsthistoriker haben den Mann wahlweise als Soldat, Hirten, Zigeuner, oder Mitglied eines Klubs unverheirateter Männer identifiziert. Röntgenbilder des Gemäldes haben offenbart, dass Giorgione anstelle des Mannes ursprünglich eine weitere nackte Frau gemalt hatte. Man beachte auch den Storch auf dem Dach an der rechten Seite. Störche repräsentieren manchmal die Liebe der Eltern für ihre Kinder. Abgesehen von seinen größeren, in Auftrag gegebenen Arbeiten, besteht der Großteil von Giorgiones Werken aus kleineren Gemälden, für das Zuhause privater Sammler entworfen. Dies ist eines solcher Kunstwerke, mit einem Ausmaß von 33 x 29 Zoll, in Auftrag gegeben von Gabriele Vendramin, einem venezianischen Adeligen. Es soll außerdem das erste Landschaftsmotiv in der westlichen Malerei sein. Da es heute ein Tag für Überblicke für mich ist, möchte ich mich bei euch allen bedanken - DailyArt ist mein Leben jetzt seit mehr als drei Jahren und ohne euch, unsere User, wäre es nichts.
Vielen Dank :)
- Zuzanna