Ich muss zugeben, ich mag Fantin-Latour nicht sehr. Er ist vor allem bekannt für seine Blumengemälde und Gruppenporträts von Pariser Künstlern und Schriftstellern. Um ehrlich zu sein, recht langweiliges Zeug.
Aber dieses Gemälde hat meine Aufmerksamkeit erregt. Um genauer zu sein – der Blick der Frau auf der rechten Seite. Abwesend, aber zugleich fokussiert. Fokussiert auf den Betrachter, wie wir es oft in Porträts des 17. Jahrhunderts sehen.
Das Thema Lesen war Gegenstand einiger recht bekannter Werke des Künstlers, daher kann gesagt werden, dass es eine wichtige Rolle in seiner Arbeit spielte. Das Gemälde ist ein hervorragendes Beispiel für Henri Fantin-Latours Geschick als Intimist, der stets einem nüchternen, von Realismus geprägten Darstellungsideal treu blieb. Es führt den Betrachter in seine Lieblingsthemen ein, eine poetische und traumhafte häusliche Umgebung mit einem vagen melancholischen Unterton. Links auf dem Bild kann man Victoria Dubourg ausmachen, die zukünftige Frau des Künstlers, während rechts die mysteriöse Person der Charlotte Dubourg sitzt, die den Betrachter und den Maler konzentriert ansieht. Es sollte angemerkt werden, dass die letztgenannte Figur mit einiger Regelmäßigkeit in seinen Arbeiten erscheint, was die Möglichkeit erhöht, dass eine stille Komplizenschaft zwischen Model und Künstler bestand. Ein anderer signifikanter Aspekt der Zusammenstellung ist das Gefühl von innerlicher Abgrenzung, welche die zwei Schwestern trennt. Der Kontrast zwischen dem erhellten und dem dunkleren Bereich des Gemäldes, in dem die Figuren positioniert sind, unterstreicht die Mehrdeutigkeit, die zwischen Nähe und Distanz zu spüren ist, und verleiht der Szene das Gefühl eines verhaltenen Unbehagens, das auch in anderen Porträts des Malers präsent ist
Wenn wir übers Lesen sprechen, was sagst du zu einem Artikel über die besten Bibliotheken? Schau dir "5 Most Beautiful Libraries You Should Know" im DailyArt-Magazin an.