Wie in einer Szene aus einem Märchen taucht eine Meerjungfrau aus den Tiefen des Meeres auf, um einen Schiffbrüchigen zu retten, und ihre bleichen Körper umarmen sich unter dem mondbeschienenen Himmel. Der herausragende amerikanische Illustrator Howard Pyle hat die Dramatik des Augenblicks meisterhaft festgehalten. Die Darstellung des schäumenden Ozeans erweckt den Geruch der salzigen Luft und die Geräusche der rollenden Wellen quasi zum Leben. Durch den großen Maßstab der Leinwand werden wir in die Szene hineingerissen. Wie es typisch für Pyles Gemälde ist, regt uns das Werk an zu überlegen, was gerade passiert ist und was wohl als Nächstes passieren wird.
Bekannt als der Vater der amerikanischen Illustration, half Pyle die Prosa in Büchern zum Leben zu erwecken. Er bemühte sich, alle seine Charaktere realistisch und glaubwürdig zu gestalten, selbst diejenigen, die seiner lebendigen Vorstellungskraft entsprangen. An seiner Kunstschule im Südosten von Pennsylvania unterrichtete Pyle zahlreiche Schülerinnen und Schüler (von denen viele später bekannte Kunstschaffende wurden) in der Kunst, Action, Drama und Emotionen durch Malerei zu vermitteln. Er inszenierte oft Szenen mit aufwendigen Requisiten und drängte seine Schülerinnen und Schüler dazu, „ihr Herz in das Bild zu werfen und dann hinterher zu springen“.
Obwohl fasziniert von historischen Ereignissen wie dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg und Erzählungen über Abenteuer wie die von Robin Hood und König Arthur, waren Themen des Meeres – insbesondere Piraten, Schiffbrüche und Kaperfahrten – für Pyle besonders spannend. Interessanterweise ist Die Meerjungfrau ein unfertiges Werk. Als Pyle im November 1910 eine ausgedehnte Reise nach Italien unternahm, um italienische Wandmalerei zu studieren, blieb die Leinwand in seinem Atelier auf der Staffelei zurück. Ein Jahr später starb Pyle in Florenz. Frank Schoonover, einer von Pyles vielen Schülern, fügte dem Gemälde später Fische und eine Krabbe hinzu, doch Pyles Absicht hinter diesem Werk bleibt ein Rätsel.
– Martina Keogan
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