Dante und Beatrice

In Dantes autobiografischem Werk Vita Nuova (Neues Leben) berichtet er von der Entwicklung seiner tiefen und doch mystischen Liebe zu Beatrice Portinari. In der Erzählung gibt es eine Begebenheit, in der Beatrice wegen eines Missverständnisses den großen italienischen Dichter des Mittelalters nicht erkennt, als sie sich zufällig auf der Straße über den Weg laufen. In diesem Gemälde steht Beatrice in der Mitte eines Frauentrios und wendet den Blick von Dante ab. Der Künstler hebt gekonnt ihren Charakter, ihre Kleidung und ihr Auftreten von den beiden anderen Figuren ab. Monna Vanna, Beatrices Freundin zu ihrer Rechten, verströmt eine extrovertierte Aura, während Beatrice selbst konzentriert nach vorne blickt.

In dem Gemälde, das wir heute zeigen, hat der Künstler, in diesem Fall der englische viktorianische Maler Henry Holiday, den entscheidenden Höhepunkt in Dantes tiefgründiger und außergewöhnlicher Liebesgeschichte auf die Ebene einer bloßen sozialen Anekdote reduziert. Obwohl wir die Detailgenauigkeit des Künstlers bei der Darstellung der Kostüme, Architektur und der Straßen im Florenz des 13. Jahrhunderts zu schätzen wissen, ist der emotionale Effekt von Dantes herzzerreißender Zurückweisung, die ihn in die Verzweiflung stürzte, in dem Gemälde nicht spürbar.

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