Stunden mit einem Kalender by Unbekannter Künstler - circa 1485 Czartoryski Museum, Krakow Stunden mit einem Kalender by Unbekannter Künstler - circa 1485 Czartoryski Museum, Krakow

Stunden mit einem Kalender

Manuskript •
  • Unbekannter Künstler Unbekannter Künstler circa 1485

Wenn wir eine beliebige Seite eines mittelalterlichen Gebetbuchs aufschlagen, fallen uns zunächst die Kompositionen an den Rändern auf, die aus Blumen und Insekten bestehen: Es gibt zufällige figurative Szenen (in Italien spiritelli genannt), die Menschen, Tiere und fantastische Kreaturen zeigen. Flora und Fauna sind in den Randverzierungen allgegenwärtig; sie nehmen die Ränder ein und heben sich ab, als würden sie die vorrangige Rolle des Textes und der Miniaturen verhöhnen.

Die Marginalien, wenn sie in narrativen Sequenzen angeordnet sind, scheinen einen eigenen Strang zu bilden, unabhängig von der figuralen Dekoration, die in Form von vier ganzseitigen Miniaturen sowie mehreren Dutzend kleineren, ebenso wunderschönen figuralen Initialen erhalten ist.

An der Ausschmückung dieses Gebetbuchs arbeiteten mehrere anonyme Buchmaler in Gent oder Brügge um 1483, darunter der herausragende, unbekannte Berliner Meister von Maria von Burgund. Ihre Arbeit war ein künstlerisches Experiment, das auf der virtuosen Wiedergabe der Realität basierte und sich durch naturgetreu dargestellte Fragmente der Natur mit illusionistischen Effekten manifestierte. Viele Seiten des Manuskripts wurden mit Wildblumen bemalt, die optische Täuschungen hervorrufen (zum Beispiel die Nachahmung eines echten Herbariums); der Betrachter, der auf der Vorderseite fast die gesamte Pflanze sieht, entdeckt nach dem Umblättern nur einen Teil des Stängels (den Abschnitt, mit dem sie am vermeintlich ausgeschnittenen Pergamenthintergrund befestigt ist). Lassen wir uns nicht von der Illusion täuschen! Naturalismus und Stilisierung sind miteinander verflochten, und die Dekoration entstand in einer Werkstatt für Buchmalerei unter Verwendung indirekter Materialien: detaillierter Zeichnungen, Entwurfsminiaturen und Stiche.

Welche Bedeutung steckt in diesen Naturfragmenten, die auf den Marginalien verstreut sind?

Traditionell wurden einzelne Pflanzenarten (Rosen, Lilien, Nelken, Akelei-Blüten und Stiefmütterchen) mit religiösen Bedeutungen in Verbindung gebracht, die mit der Funktion des Buches übereinstimmten. Unabhängig davon betont die malerische Ausschmückung als bewusst innovative künstlerische Schöpfung die mimetischen Möglichkeiten der Kunst. Angesichts des Themas ist sie ein Beitrag der niederländischen Buchmaler des späten 15. Jahrhunderts zur Entstehung des Stilllebens als eigenständiges Malgenre.

Heute teilen wir diese wunderschöne Seite mit dir, dank des Nationalmuseums in Krakau, dessen Abteilung, das berühmte Czartoryski-Museum, dieses Buch in seiner Sammlung hat. Schau dir diese Hunde am unteren Rand an! Sie sind so entzückend … und weißt du was? In unserem 50-teiligen Postkarten-Set „Tiere in der Kunst“ haben wir zahlreiche Darstellungen von niedlichen Tieren in der Kunst! Schau noch heute im DailyArt Shop vorbei – es ist der letzte Tag unserer Angebote zum Mond-Neujahr! :)

PS: Die Kreaturen, die in den Rändern mittelalterlicher Manuskripte dargestellt sind, waren nicht immer freundlich. Hast du schon diese verrückten mittelalterlichen Killerkaninchen gesehen?